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ENSEMBLE WIENER CAMMERSTYL



Klassische Kammermusik auf originalen Instrumenten





Das Ensemble Wiener Cammerstyl widmet sich der Entwicklung der Klavierkammermusik zur Zeit der Wiener Klassik. Stilgerecht erklingen die Werke dieser Epoche auf historischen Instrumenten oder deren Nachbauten.


Europäische Einflüsse der spätbarocken Triosonate aus Italien und Deutschland sowie der frühklassischen begleiteten Klaviersonate aus Frankreich führen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zur Entstehung des Klaviertrios. Im kulturellen Schmelztiegel Wien entfalten sich diese neuen Gattungen zu voller Blüte und strahlen als richtungsweisende Vorbilder in den europäischen Raum zurück.


Wiener Cammerstyl stellt vergessene Komponisten wie Anton Eberl und Franciszek Lessel sowie selten gespielte Autoren wie Johann Nepomuk Hummel den berühmten Meistern Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven gegenüber.

Vermeintlich vertraute Werke erscheinen vor dem Hintergrund des in Vergessenheit geratenen musikalischen Umfelds in vollkommen neuem Licht. Anders als herkömmliche Konzertprogramme präsentieren wir die Werke der Wiener Klassik nicht als Vorläufer späterer Epochen. Vielmehr betrachten wir sie als Gipfelpunkte einer in sich abgeschlossenen Entwicklung, die von der Frühklassik bis ins frühe 19. Jahrhundert reicht.


Um die Entstehungsgeschichte und die musikalische Umgebung näher erfahrbar zu machen, bieten wir die Konzerte auch in moderierter Form an.





Ensemble Wiener Cammerstyl


Maria Kubizek, Barockvioline

Peter Hudler, Barockcello

Christoph Ulrich Meier, Hammerklavier











PROGRAMME


"Nicht nur Beethoven!"



Ludwig van Beethoven: Triosatz Hess. Verz. 48 Allegretto

Joseph Haydn: Trio in Es Dur Hob XV:30

Anton Eberl: Variationen über ein russisches Thema für Violoncello und Klavier op. 17

Anton Eberl: Sonata (Trio) op. 10/1, a-moll

Wolfgang A. Mozart: Klaviertrio KV 502, B-Dur


Das klassische Wiener Dreigestirn Haydn-Mozart-Beethoven wird in einem Nachruf

im Morgenblatt für gebildete Stände vom 9.7.1807 um einen vierten Namen erweitert. Der Autor Johann Ernst Wagner setzt Komponisten mit Schriftstellern gleich: Haydn mit Wieland, Mozart mit Schiller und Beethoven mit Jean Paul. Der gerade im Alter von 41 Jahren verstorbene Anton Eberl wäre – bei längerer Lebenszeit – der Goethe geworden.

Anton Eberl gehörte ursprünglich zum Kreis um Mozart. In der Partitur seiner frühen Sinfonie in C-dur finden sich Korrekturen von Mozarts Hand. Nach dessen Tod ging er mit Mozarts Witwe Constanze und deren Schwester Aloysia Lange auf Konzertreise. Seine Klaviersonate Op.1 wurde mehrmals unter Mozarts Namen veröffentlicht. 1796 trat Eberl ein Engagement in St. Petersburg an, wo er u.a. die Variations sur un thème russe Op. 17 und die Grand Sonate Op.11/2 komponierte.

1801 äußerte sich Haydn positiv über Eberls Oper „Die Königin der Schwarzen Inseln“, worauf Eberl ihm seine Klaviersonate Op.12 widmete. Ab 1803 wirkte Eberl wieder durchgehend in Wien, wo er als Komponist und Pianist Beethoven den Rang abzulaufen drohte. So trug 1805 die Aufführung von Eberls Sinfonie in Es-Dur im Vergleich zu Beethovens Eroica die weit bessere Kritiken davon. Sein früher Tod 1807 beendete dieses Kopf-an-Kopf-Rennen vorzeitig, sonst gälte Anton Eberl im Kreis der Wiener Klassik heute womöglich als der vierte Mann.




"Duell in Wien - Beethovens vergessene Rivalen"


Anton Reicha: Klaviertrio op. 47

Joseph Woelfl: Gran Duo für Cello und Klavier op.31

Daniel Steibelt: Sonate für Fortepiano und Violine op. 74/3

Anton Eberl: Klaviertrio op. 8/3


Ludwig van Beethoven war in Wien nicht so unangefochten, wie heute allgemein angenommen wird. Als Komponist und Pianist hatte er durchaus ernstzunehmende Konkurrenten, die leider in Vergessenheit geraten sind.

1798/99 kam es zu einem Klavier-Duell mit unentschiedenem Ausgang, als Joseph Woelfl, ein Schüler von Leopold Mozart und Michael Haydn, gegen Beethoven antrat. Sein klares, delikates Spiel wurde von Zeitzeugen über Beethovens „undeutlichen“ Vortrag gestellt. Nur beim Improvisieren unterlag Woelfl – ein Schicksal, das er mit dem berühmten Pianisten Daniel Steibelt teilte, der bei einem Wettstreit im Jahr 1800 ebenfalls an Beethovens Improvisationskünsten scheiterte.


Anton Reicha, ein sehr innovativer und experimentierfreudiger Komponist, kannte Beethoven schon aus den Bonner Jahren. 1802 kam er nach Wien, wo die anfängliche Freundschaft wohl vor allem an fachlichen Meinungsverschiedenheiten und der sich zuspitzenden Konkurrenzsituation zerbrach.


Beethovens gefährlichster Rivale war sicherlich Anton Eberl. Dessen Sinfonie in Es-Dur wurde im selben Konzert wie die „Eroica“ uraufgeführt und erhielt die weitaus besseren Kritiken. Auch auf dem Gebiet der Klaviermusik kam es zu einer Art Kopf-an-Kopf-Rennen. In einem Nachruf auf Eberls frühen Tod im Jahr 1807 wurde Beethoven mit dem Schriftsteller Jean Paul gleichgesetzt, Eberl hingegen mit Johann Wolfgang von Goethe – ein klarer Beweis, dass Beethoven (noch) nicht die später kolportierte Vormachtstellung besaß.



"Mozarts Erben - Adepten und Antipoden"


W.A.Mozart/ Abbé Maximilian Stadler: Allegro für Klaviertrio d-moll KV 442 (ca.1785) Johann Christoph Friedrich Bach: Sonate für Klavier und Violoncello A-Dur (1789)

Leopold Kozeluch: Klaviertrio g-moll op. 27/3 (ca.1787)

Anton Eberl: Sonate für Klavier und Violine d-moll op.14 (ca.1801)

Johann Nepomuk Hummel: Klaviertrio Es-Dur op.12 (1804)


Mozart gilt gemeinhin als musikalischer Abkömmling zweier Bach-Söhne. Über Carl Philipp Emanuel Bach soll er gesagt haben: „er ist der Vater; wir sind die Bubn. Wer von uns was Rechts kann, hats von ihm gelernt.“ Noch wichtiger war der Einfluss von Johann Christian Bach, den Mozart als Kind in London kennenlernte. Wenig bekannt ist hingegen, dass Johann Christoph Friedrich Bach, das 16. Kind Johann Sebastians, bei einem Aufenthalt in London 1778 in Konzerten seines Bruders Johann Christian mit Werken Mozarts in Berührung kam. Das erwachte Interesse und Mozarts Einfluss äußern sich u.a. in der 1789 entstandenen Sonate für Klavier und Violoncello, einer der ersten klassischen Sonaten in dieser Besetzung.

Johann Nepomuk Hummel lebte als hochbegabtes Kind von 1786-1788 in Mozarts Haushalt in Wien, wurde von ihm kostenlos unterrichtet und kann somit als direkter musikalischer Erbe gelten.


Abbé Maximilian Stadler kümmerte sich nach Mozarts Tod im Auftrag Constanzes um dessen musikalischen Nachlass und vollendete einige Fragmente, u.a. das Allegro in d-moll für Klaviertrio.


Anton Eberl gehörte zum Kreis um Mozart und ging nach dessen Tod mit Constanze und ihrer Schwester Aloysia auf Konzertreise. Einige seiner Werke, darunter die Klaviersonate op.1, wurden unter Mozarts Namen veröffentlicht.


Leopold Kozeluch war als Komponist und Pianist ein Konkurrent Mozarts in Wien und wurde diesem zeitweise vorgezogen.1789 kann man im Magazin der Musik über Kozeluch lesen: „Die Arbeiten dieses Componisten erhalten sich und finden allenthalben Eingang, dahingegen Mozarts Werke durchgehends nicht ganz so gefallen.“ 1792 beerbte Kozeluch den verstorbenen Mozart im Amt des kaiserlichen Hofkompositeurs – für das doppelte Gehalt.



"Joseph Haydn - Mentor und Förderer "        



Ignaz Pleyel (1775-1831)                Klaviertrio f-moll  B.442 (1791)

Franciszek Lessel (1780-1838)     Klaviertrio E-Dur op.5 (1807)

Andreas Romberg (1776-1821)/      

Bernhard Romberg (1776-1841) Duo für Violine und Cello op.2/2 (1800)

Johann Nepomuk Hummel (1778-1837)  Klaviertrio Es-Dur op.12 (1804)



Am zweischneidigen Spitznamen „Papa Haydn“ ist Joseph Haydn nicht ganz unschuldig, kümmerte er sich als Förderer und Mentor doch hingebungsvoll und selbstlos um die kommende Komponisten-Generation.

Seinem ehemaligen Schüler Ignaz Pleyel begegnete Haydn auf seiner ersten Englandreise 1791/92 wieder. Der aus Bonn stammende Konzertveranstalter Johann Peter Salomon wollte beide Berühmtheiten in London gegeneinander antreten lassen. Die gewünschte Rivalität wollte sich aber nicht einstellen, da die beiden Kontrahenten sich zu gut verstanden. Pleyel war 1791 im Zuge der Umwälzungen durch die Französische Revolution aus seinem Amt als Domkapellmeister in Straßburg entlassen worden. Sein Vorgesetzter Kardinal Rohan-Guémené war 1790 aus Straßburg geflohen. Er war die Schlüsselfigur in der skandalösen „Halsbandaffäre“ am Hof von Versailles, die das Ansehen der aus Österreich stammenden Königin Marie-Antoinette schwer beschädigte und den Ausbruch der Revolution beschleunigte. Als Österreicher und Adels-Protegé war Pleyel in Frankreich suspekt geworden und entging nach seiner Rückkehr 1792 nur knapp einem Todesurteil.

     Auf Empfehlung von Salomon machte Haydn auf der Hin-und Rückreise nach England in Bonn Station, wo er die Mitglieder der angesehenen Bonner Hofkapelle kennenlernte, unter ihnen Ludwig van Beethoven sowie den Geiger Andreas Romberg und dessen Cousin, den Cellisten Bernhard Romberg. Beethoven ging

1792 nach Wien, um bei Haydn zu studieren. Als Bonn ab 1792/93 bis zur

französischen Besatzung 1794 immer wieder von der Revolutionsarmee bedroht wurde, verließen auch Andreas und Bernhard Romberg die Hofkapelle und gingen

zunächst nach Hamburg. Im Anschluss an ihre Italienreise 1796 besuchten sie Haydn in Wien, wo sie gemeinsam mit Beethoven auftraten.

Einer der letzten Haydn-Schüler war der aus Warschau stammende Franciszek Lessel. Er studierte in Wien vermutlich Medizin, bevor er sich unter Haydns Obhut  der Musik zuwandte. Lessels Klaviertrio op. 5 wurde aufgrund eines Empfehlungsschreiben Haydns 1807 vom Verlag Breitkopf und Härtel zur


Veröffentlichung angenommen. Als Haydn 1809 während der zweiten Einnahme Wiens durch Napoleon starb, kehrte Lessel nach Polen zurück, wo er im Anschluss an eine musikalische Laufbahn als Gutsverwalter und nach dem polnischen Novemberaufstand 1830/31 als Schulinspektor arbeitete.


Als seinen Nachfolger im Amt des Hofkapellmeisters bei Fürst Nikolaus II. von Esterhazy empfahl Haydn im Jahr 1804 Johann Nepomuk Hummel, einen ehemaligen Schüler Mozarts und Salieris. Dass er seinen eigenen Schüler Ludwig van Beethoven dabei überging, mag wohl an dessen eigenwilligem Charakter gelegen haben. Als Beethoven 1807 vom Fürsten dann doch einen Kompositionsauftrag für die Messe in C-Dur op. 86 erhielt, beurteilte der Auftraggeber das Ergebnis als „unerträglich lächerlich und scheußlich“. Haydns eigene Erfahrungen mit Nikolaus II. hatten ihn offensichtlich die richtige Entscheidung treffen lassen.




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